„Moby Dick"

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2013

Material: Treibholz und  verschweißter Eisendraht (6mm und 3 mm). 

Maße (LxBxH): 130 x 40 x 50 cm.


Strandgut

Strandgut: das sind die Dinge, die keinem gehören und deshalb also dem, der sie findet. Gebleichte, zerwachsene, salz- und rostbesetzte Geschenke. Jedem Stück - ich bin erst nach und nach darauf gekommen - ist etwas abzuhorchen, jedes, auch das alltäglichste ist bereit, etwas zu erzählen. 

Was du hier am Strand erfahren willst,  musst du dir erfinden, denn magst du auch noch so viel entdecken und sammeln: über seine Herkunft schweigt jedes Ding. Wer den Ast brach, den die Wellen an Land warfen, kann keiner ermitteln, doch du fühlst dich aufgefordert, dem weißen, gepökelten Holz eine Reise zu entwerfen, zu denken, welche Strömung es entführten, wo es sich  verfing und wie es zu der Manschette aus unentwirrbaren Halmen gekommen ist. Wie glatt, wie poliert sich der Ast anfühlt. Und wie viel Zeit Halme und Seegras brauchten, um sich so am Holz zu befestigen.

Zeit: hier am Strand geht dir gleich auf, dass ein Tag wie ein Tropfen ist, ein Tropfen aus diesem unendlichen Wasser. Gelassener als das Meer arbeitet keiner. Ob es aufbaut oder verbraucht, ob es rosten oder versteinern lässt, ob es anschwemmt oder mit heftigen Schlägen wegwäscht: ihm gelingt alles, denn auf seiner Seite ist der Sieger Zeit ...

Am Ende eines Strandgangs, da mach es wie ich: nimm dir ein Stöckchen und ritz deinen Namen in den Sand dort, wo er feucht ist und die Welle noch hinlangt; ritz ihn ein und warte und sieh zu, wie er erlischt. Danach kannst du leicht fortgehen.


Siegfried Lenz

STRANDGUT, aus: Kleines Strandgut

Mit freundlicher Genehmigung des Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg

Copyright © 1986 by Hoffman und Campe Verlag, Hamburg


Jetsam

Jetsam - these are the things which belong to no one and therefore to anybody who finds them. Bleached and crooked presents; rust-studded and salt-jewelled. I’ve gradually realized that each piece calls for your attention, every single one, even the most trivial, has a story to tell.

You have to invent what you want to learn here on the beach, because it doesn’t matter how much you discover or collect, each thing will keep its silence about where it has come from. You’ll never find out who broke the branch which the waves have discarded on the beach. But you will feel an inner challenge to create a journey for the white bleached wood, to imagine which current carried it away, where it entangled itself and how it ended up with the necklace of inextricable seaweed leaves. How smooth and polished this branch feels. Imagine how long it took the leaves and the seaweed to intertwine with the wood.

Time: here on the beach you begin to see that one day is like a drop, a drop of that endless water. Nothing works in such a detached manner as the sea. Whether adding or taking away, whether rusting or fossilizing, whether washing ashore or washing away in a storm; the sea succeeds in all its strivings, it is the eternal victor. 

At the end of a walk on the beach do what I do: take a stick and write your name in the sand where it’s still wet and where the tide still comes up to, write your name and wait and watch it fade and disappear. And now you can walk away without a qualm.


Translation by Killen McNeill www.mcneills.de

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